Wie stelle ich Gedanken meiner Figuren im Roman dar?

Titelbild Gedankendarstellung im Roman

verfasst von Franziska Junghans

 

Innensichten sind zumeist unerlässlich für die Figurenentwicklung. Aber wie lassen sich Gedanken, innere Monologe oder Innensichten sinnvoll darstellen?

 

Jede Art der Darstellung hat Vor- und Nachteile. An einigen Beispielen lassen sich die Darstellungsmöglichkeiten von Gedanken am besten erläutern:

 

1. Beispiel: Er dachte daran, wie es wohl wäre, fliegen zu können.

 

Der Erzähler kündigt das Denken an und führt es aus (indirekter Gedanke).

 

Vorteil: Der Leser erkennt eindeutig, dass es sich hier um einen Gedanken bzw. die Innensicht einer Figur handelt. Der Erzähler hat hier zudem alle Möglichkeiten, das Gedachte auszuschmücken, Gedanken zusammenzufassen oder dem Gedanken dadurch eine zusätzliche Ebene zu geben, etwa: Er dachte angestrengt daran, wie es wohl wäre, fliegen zu können.

 

Nachteil: Wie bei der indirekten Rede auch, können indirekte Gedanken eine Distanz zwischen Figur und Leser erzeugen. Wenn diese nicht beabsichtigt ist oder im Übermaß indirekt wiedergegeben wird, kann dies zu Spannungsverlust führen.

 

2.    Beispiel: Wie es wohl ist, fliegen zu können?, dachte er.

 

Vorteil: Ähnlich wie bei Dialogen wird eine Inquit-Formel angehangen (ohne Anführungszeichen). Der Gedanke ist als solcher eindeutig einer Figur zuzuordnen.

 

Nachteil: Da die Darstellung im gesamten Manuskript einheitlich sein sollte, kommen zusammen mit den Dialogen schnell viele Inquit-Formeln zusammen.  Diese Variante empfiehlt sich also, wenn insgesamt wenige Gedanken im Roman angeführt werden.

 


3.    Beispiel: Er dachte: Wie es wohl ist, fliegen zu können?

 

Wie das zweite Beispiel ist dieses angelehnt an die typische Darstellungsform von Dialogen. Vor- und Nachteil sind entsprechend.

 

4.    Beispiel: Wie ist es wohl, fliegen zu können?


Vorteil: Diese gern genutzte Form der Gedankendarstellung in Kursivschrift ist für die Leser  gut erkennbar, da sich die Hervorhebung gut vom Erzählertext und den Dialogen abhebt. Sparsam eingesetzt lockert sie den Text zudem optisch auf.

 

Nachteil: Die Kursivsetzung sollte, wenn Sie sich einmal dafür entschieden haben, ausschließlich den Gedanken vorbehalten bleiben. Eigennamen oder Fremdwörter zum Beispiel, die ebenfalls gern kursiv gesetzt werden, sollten dann, wenn eine Kennzeichnung nötig ist, eine andere Darstellungsform finden.
Bedenken Sie auch, dass die Kursivsetzung bei längeren Passagen ermüdend für die Augen und je nach gewählter Schriftart schwieriger zu lesen ist. Sie sollte daher nur für einzelne Sätze oder kürzere Absätze eingesetzt werden.
Wenn Sie mit einem auktorialen Erzähler arbeiten und deshalb mehrere Figuren, Innensichten und Gedanken haben, könnte es mitunter schwierig sein, die Gedanken eindeutig einer Figur zuzuordnen. Daher muss der Erzählertext bei dieser Variante auf die Gedanken und deren Figuren abgestimmt sein.



5.    Beispiel: Wie ist es wohl, fliegen zu können?


Eher selten genutzt, aber durchaus interessant ist die Variante, einen Halbgeviertstrich (Gedankenstrich) an den Beginn des Gedankens oder des inneren Monologs zu setzen. Wichtig dabei ist, zu beachten, dass Sie auch tatsächlich den Gedankenstrich verwenden und nicht etwa den Divisstrich (Trennstrich).


Vorteil: Sehr dezente Variante, die, einmal eingeführt und den Leser begrifflich gemacht, nur wenige Zeichen und keine Erläuterungen durch den Erzähler benötigt.

 

Nachteil: Bei kürzeren Gedanken und häufigem Wechsel zwischen Erzähler und Innensichten kann der Text schnell unruhig wirken, da jeder Gedankenstrich in der Regel in einer neuen Zeile steht. Daher ist diese Variante eher für längere Gedankengänge geeignet und ähnlich wie in Beispiel 4 müssen die Gedanken mehrerer Figuren durch den Erzähler koordiniert werden.

 


6.    Beispiel: ‚Wie ist es wohl, fliegen zu können?‘

 

Vorteil: Die einfachen Anführungszeichen sind eine gern genutzte Variante, nicht zuletzt, weil sie in der Handhabung den Dialogen mit ihren doppelten Anführungszeichen ähnelt. So können Inquit-Formeln das Gedachte zusätzlich ausschmücken oder Figurenzuweisungen übernehmen, etwa: ‚Wie ist es wohl, fliegen zu können?‘, dachte er und kratzte sich dabei am Kopf.


Nachteil: Die Zeichenverwendung und Interpunktion kann in Verbindung mit Dialogen recht komplex sein, weshalb sie fehleranfällig ist.


Ein No-Go: Warum Gedanken nicht in doppelten Anführungszeichen stehen sollten

 

Sofern Ihr Text Dialoge enthält, die in Anführungszeichen stehen, sollten diese auch ausschließlich den Redeteilen vorbehalten bleiben. Andernfalls kann es zu Unterbrechungen des Leseflusses kommen, weil Dialogteil und Gedanke nicht klar voneinander unterschieden werden können.

 

Ein Beispiel:

 

„Hast du dir schon überlegt, wie du über die Mauer kommst?“, fragte sie.

„Wie es wohl wäre, fliegen zu können?“, überlegte er, verwarf den Gedanken allerdings wieder und entgegnete stattdessen: „Wir nehmen ein Seil.“

 

Eine Ausnahme bilden Kinderbücher. Da hier möglichst wenig unterschiedliche Zeichen und Kennungen verwendet werden sollten, um den jungen Leser nicht zu überfordern, werden Gedanken in Kinderliteratur, vor allem, wenn es Vorlesebücher sind, häufig in Anführungszeichen gesetzt.